Die Geschichte des Männergesangsvereins Liederkranz Rankweil 1864

 

 

Kurz nachdem in verschiedenen größeren Orten Vorarlbergs in den späten fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts nach und nach Gesangsvereine entstanden waren, suchte der Gemeinderat und Bäckermeister Jakob Morscher aus Rankweil im Jahre 1862 nach sangesfreudigen Männern, die sich mit ihm in dieser Sparte unterrichten lassen wollten, um nach einer gewissen  Schulung einen Gesangverein gründen zu können. Zusammen mit Johann Hämmerle, Leonhard Hammerer und dem Schuhmachermeister Johann Ehrne trat er mit der Bitte um Gesangsunterricht an den Chorregenten Jakob Ammann heran.





 

 Jakob Morscher
(1831 - 1919)

 

Chorregent
Johann Jakob
Ammann

Johann Jakob Ammann stammte aus der "Schützenwirt-Linie" der das Rankweiler Musikleben vom späten 18. bis Ende der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts prägenden Musikerfamilie Ammann. Sein Vater war Orgelmacher, zwei seiner Onkel Organisten bzw. Chorleiter des Kirchenchors Liebfrauenberg, sein Vetter Johann Michael Ammann der Begründer der "Türkischen Feldmusik von Rankweil"
Jakob Ammann, der am 18. August 1809 auf die Welt kam, besuchte nach Absolvierung der Trivialschule in Rankweil im Jahre 1832 die "k.k. Normal-Hauptschule zu Innsbruck". Ob er bereits in diesem Jahr auch an der Musikschule des dortigen Musikvereines Unterricht genoss, ist nicht bekannt, für das folgende Jahr wird jedenfalls seine Anwesenheit in der zweiten Klasse dieser Schule in einem Zeugnis bestätigt.

 

 

 

 

Demnach machte Johann Jakob Ammann "im Generalbaß sehr gute Fortschritte". Weiters wird er als "sehr fleißig" und sein Benehmen als Schüler "sehr lobenswürdig" beschrieben. Spätestens im Jahre 1847 kehre er nach Rankweil zurück und übernahm die Leitung der Türkischen Feldmusik, deren Kapellmeister er bis 1855 war

 

 

Auf Anraten von Jakob Ammann suchten die vier Gesinnungsgenossen nach weiteren Interessenten. Diesbezügliche Anfragen u. a. beim Rankweiler Jünglingsverein brachten der Gesellschaft mit Albert und Ludwig Ammann, Andreas Bitsche, Johann Graber, Thomas Knecht, Johann Koch, Josef Künzle, Jakob Nesler und Anton Spadin gleich neuen weitere Mitglieder.

 

 Erste Gesangsprobe

Mit diesen 13 angehenden Sängern begann Jakob Ammann offensichtlich noch im Jahre 1862 mit den Proben, wobei als erstes Freimaurerlied "Brüder reicht die Hand zum Bunde" einstudiert wurde. die Melodie dieses Liedes ist übrigens ident mit der heutigen österreichischen Bundeshymne.

 

 Erster öffentlicher
Auftritt
Herkunft der Sänger

1863 erfolgte dann bei einer Veranstaltung des Jünglingsvereines  im Rankweiler Schulhaus der erste Auftritt in der Öffentlichkeit. Der Erfolg dieser Gesangsdarbietung zeigte sich alsbald in einem regen Zustrom  von sangesfreudigen Männern. Diese kamen nun verstärkt aus den Vorderländer Gemeinden, wie ein Mitgliederverzeichnis, das wahrscheinlich in der Zeit der Vereinsgründung, zumindest aber noch vor dem Jahre 1866 angelegt wurde, deutlich zeigt.  Von den insgesamt 37 Sängern, die ihren Namen in der Liste eintrugen, stammten lediglich zehn von Rankweil. Gleich zwölf Mitglieder waren in Röthis ansässig, sieben wohnten in Sulz, fünf in Klaus, zwei in Fraxern und einer war in Dafins zuhause.


 

 

Nachdem die Gesellschaft zwei Jahre lang ohne bindende Regeln bestanden hatte, beschlossen die Mitglieder im Jahre 1864 der Gesanggruppe die feste Form eines Vereines zu geben.

 

 Eingabe der Statuten

 

 

 

Gesangsverein ja, Musikverein nein.

Ursprünglich war als Vereinsbezeichnung "Gesangverein Rankweil-Vorderland" vorgesehen, doch scheint bei der am 5. Dezember 1864 erfolgten Einrichtung der Statuten an das Bezirksamt in Feldkirch als beantragte Benennung für die Gesangsgruppe der Name "Caezilienverein" auf. Neun Proponenten, unter Ihnen Chorregent Jakob Ammann, ersuchten in ihrem Schreiben das Bezirksamt um die Genehmigung der Vereinsbildung, "um sich den vorarlbergischen Gesangverein" anschließen und bei Gelegenheit als zu Recht bestehenden Verein auftreten (!) zu könne." Als Motto wurde der Spruch "Singe, wem Gesang gegeben". Im Gesang blüht Freude und Leben" gewählt. Wenige Tage später beauftrage die Bezirksbehörde die Gemeindevorstehung von Rankweil, zu dem Ansuchen Stellung zu nehmen. Nachdem eine erste Behandlung dieses Themas verschoben wurde, erklärte sich der Gemeindeausschuss in seiner Sitzung vom 12. Februar 1865 mit der Gründung des Gesangvereins einverstanden. Dabei wurden jedoch dezidiert festgehalten, dass dagegen ein neuer Musikverein von seitens der Gemeinde keine Bewilligung erhält.








 

 

 

 

Dies ist vor allem deshalb interessant, da es ein Jahr zuvor gerade wegen eines solchen Ansuchens um Gründung eines zweiten Musikvereines – es handelte sich dabei um die „Harmoniegesellschaft“, deren Proponent ebenfalls Chorregent Johann Jakob Ammann war – neben der bereits im Jänner 1864 als Verein konstituierten  „Schützenmusik“ zu unliebsamen Differenzen innerhalb der Marktgemeinde gekommen war. Auch damals hatte sich der Gemeindeausschuss in einem mehrseitigen Bericht entschieden gegen die Konstituierung einer zweiten Musikkapelle in Rankweil ausgesprochen“.

 

 Unterschiedliche Standpunkte hinsichtlich der Ein- und Austritts-

Bestimmungen

Knapp zehn Wochen danach erstattete Ortsvorsteher Josef Gebhard Lins dem Bezirksamt Bericht über den Standpunkt der Gemeindevorstehung zur Gründung des Cäcilienvereines. Dieses Schreiben fiel längst nicht so distanziert aus wie dasjenige bezüglich der Harmoniegesellschaft. Im Grunde hatte die Gemeindevorstehung in der Sache selbst nichts einzuwenden, wenn sie auch einige in den Satzungen enthaltene Richtlinien bemängelte.

 

 

Dabei sprach sie sich erneut gegen die Bildung eines Musikvereines aus, wie sie auch die Ein- und Austrittsbestimmungen im § 7 kritisierte, die für Mitglieder, die „bloß willkürlich und ohne begründete Ursache austreten“ eine Geldstrafe in der Höhe von einem Gulden zugunsten der Vereinskasse vorsahen. Weiters sollte nach Ansicht der Gemeindevorstehung die Aufnahme in den Verein einem „unbescholtenen Individuum, das die tauglichen Eigenschaften besitzt“ nur dann gestattet werden, wenn die betreffende Person aus Rankweil stammt.

 

 

In diesem Bericht an die Statthalterei Innsbruck teilte das Bezirksamt die Auffassung der Marktgemeinde nur hinsichtlich des §7. Bezüglich der Einschränkung der Mitglieder auf Einwohner der Marktgemeinde Rankweil war der bearbeitende Beamte der Meinung, dass es für den Verein keineswegs von Nachteil sein könne, „wenn ihm auch der Umgebung von Rankweil Kräfte zufließen“, wie es in den vorgelegten Statuten beantragt worden war. Dieser Einwendung der Gemeindevorstehung wurde somit nicht stattgegeben. Dagegen sah die Bezirksbehörde in der Einsetzung des Pfarramtes Rankweil als Verwalter des Vereinsvermögens im Falle einer Auflösung eine „unbegründete Hintanstellung der Gemeinde“, die einem rein weltlichen Verein nicht zukomme und beantragte bei der Statthalterei eine dementsprechende Abänderung. Ansonsten fand auch das Bezirksamt Feldkirch „in den vorgelegten Statuten-Entwürfen im Wesentlichen nichts, was den bestehenden Gesetzen widerspräche oder aus lokalpolitischen oder anderen Gründen nicht gestatten werden könnte“.

 

 

Die Statthalterei Innsbruck wiederum widersprach der Bezirksbehörde hinsichtlich der eventuellen Eigentumsverwahrung, die dem freien Ermessen des Vereins überlassen sein müsse. Alle anderen Punkte wurden auch von der Statthalterei zur Überarbeitung an den zu gründenden Cäcilienverein vorgeschrieben.

 

Cäcilienverein setzt sich durch

Bemerkenswerterweise konnte sich hinsichtlich der Austrittsbestimmungen des § 7 letztendlich der Cäcilienverein durchsetzen. Bei der neuerlichen Eingabe der Vereinsstatuten am 6. August 1865 waren alle beanstandeten Passagen mit Ausnahme des § 7 entsprechend korrigiert. Die Richtlinien für einen unbegründeten Vereinsaustritt wurden lediglich in der Hinsicht abgeändert, dass eventuelle Geldstrafen nicht mehr der Vereinskasse, sondern „dem Gesangslehrer als Entschädigung für den empfangenen Musikunterricht“ zugute kommen sollten.

 

 

Gegenüber dem Bezirksamt argumentierten die „Leiter des Unternehmens“ mit der vergeblichen Mühe, die der Verein auf die musikalische Ausbildung derjenigen verwende, die „ohne irgendeinen Grund und nur einer vorübergehenden Laune folgend“ aus dem Gesangsverein austreten würden, womit sie den zuständigen Beamten Dr. Thurnherr zu überzeugen wussten.

 

 

In seiner Meldung an die Statthalterei führte denn ach Thurnherr diese Rechtfertigung als ausschlaggebend für seine Meinungsänderung an und betonte, dass die für den willkürlichen Austritt festgesetzte Taxe bei der Vorbringung hinreichender Beweggründe ohnehin nicht bezahlt werden müsse.

 

 

 

 

Diese Art der Formulierung ließ je nach Standpunkt durchaus verschiedene Interpretationen zu und führte letztendlich, wie sich in späteren Jahren mehrfach zeigte, zu kleineren und größeren Meinungsverschiedenheiten.

 

Genehmigung der Vereinsstatuten

Am 11. August 1865 bewilligte das Statthalterei-Präsidium die neu vorgelegten Satzungen. Fünf Tage später informierte das Bezirksamt in einem Schreiben den Chorregenten Jakob Ammann über die eingelangte Genehmigung und forderte ihn auf, „nach dem wirklichen Inslebentreten dieses Vereins den Namen der Vorstehungsmitglieder sowie die Zahl der Vereinsteilnehmer“ der Behörde  mitzuteilen.

 

Zielsetzung des Vereines

Ziel des Cäcilienvereines bildete die Schulung von Sängern sowohl für kirchliche Zwecke als auch „zum geselligen Leben“ sowie die Pflege des vierstimmigen Männergesanges. Um dieses Vorhaben zu erreichen, fand einmal in der Woche ein verpflichtender Gesangsunterricht statt.

 

 

Das für die damalige Zeit doch große räumliche Umfeld, in dem die Mitglieder wohnten, bedingte hinsichtlich der „musikalischen Übungen“ eine Aufteilung in zwei Gruppen. Während die Vertreter aus Rankweil mit Chorregent Ammann in Rankweil selbst die jeweiligen Lieder einstudierten, wurden die Sänger aus den Gemeinden des Vorderlandes von dem Oberlehrer Johann Georg Koch aus Röthis, dem späteren Gründer des dortigen Männergesangsvereins Concordia, in Röthis unterrichtet. Die vierteljährlich angesetzten Generalproben fanden abwechselnd in diesen beiden Gemeinden statt.

 

Probelokal

Die Sänger versammelten sich während der Amtszeit des Chorregenten Jakob Ammann im Gasthaus „Zum Schützen“, der sich in dessen Besitz befand. Ende der siebziger Jahre, als zwischenzeitlich der Hirschenwirt Johann Ammann die musikalische Leitung des Männergesangvereines ausübte, wurden die Proben in seinem Gasthaus durchgeführt. Nach der Übernahme der Chorleiterstelle durch Albert Ammann im Jahre 1883 fanden die Versammlungen des Cäcilienvereines erneut im Gasthaus „Hirschen“ in der heutigen Bahnhofstraße statt.

 

 Mitgliedschaft

Die Mitgliedschaft war in eine ausübende und eine unterstützende unterteilt. Ausübendes Mitglied konnte jeder „Mann oder Jüngling“ werden, der neben dem bereits angesprochenen unbescholtenen Charakter und dem im Umkreis von Rankweil befindlichen Wohnsitz dem Vereinszweck angemessene Eigenschaften und ein Mindestalter von 18 Jahren auswies. Jeder Sänger hatte einen monatlichen Beitrag in der Höhe von zehn Kreuzer österreichischer Währung in die Vereinskasse zu zahlen.

 

 

Als unterstützende Mitglieder galten jene Personen, die sich verpflichteten, den Verein mit einem festgesetzten Jahresbeitrag finanziell zu fördern. Ihnen waren die kostenlose Teilnahme an allen öffentlichen Festen und Aufführungen sowie die Anwesenheit bei den Proben gestattet.

 

 Förderer

Schon in den ersten Jahren durfte sich der Cäcilienverein über äußerst großzügige Förderer freuen. Ein gewisser Karl Pestalozzi, Professor am Polytechnikum in Zürich, spendete im Jahre 1865 „zum frommen Andenken an seine am 24. Jänner 1864 in Brederis verstorbene Frau Dante(!) Maria Reidel geb. Schmid von Au im Bregenzwerwald, Lehrerin der deutschen, englischen und französischen Sprachen in Paris“ und Bregenz, dem Gesangverein 72 Gulden österreichischer Währung.

 

 

Offensichtlich verfügte der Cäcilienverein bereits über genügend finanzielle Mittel, um die laufenden Kosten bestreiten zu können, denn die erhaltene Geldsumme wurde von den Vereinsmitgliedern auf 100 Gulden aufgestockt und als Darlehen zu 5 % Zinsen an Herrn Fidel Breuß auf Rheinberg in der Gemeinde Übersaxen verliehen.

 

 

 

 Ivan Rosenthal spendet Fahne und Trinkhorn

Im Jahre 1868 stiftete der damalige Inhaber der k.k. priv. Spinnerei in Rankweil, Ivan Rosenthal aus Hohenems, dem Männergesangverein „eine Standarten-Fahne von Seide mit Stickerei in Gold und Seide, enthaltend auf der einen Seite in rotem Felde des Wappen des Landes Vorarlberg mit der in Gold gestickten Inschrift: Gesang-Verein Cäcilia Rankweil 1868“, wie sie in der am 24. Juni 1868 von ihm eigenhändig verfassten Schenkungsurkunde beschrieben ist. Auf der Kehrseite, die in weiß gehalten ist, befindet sich ein Bild der geistigen Patronin des Gesanges, der hl. Cäcilia.

 

 

Zusätzlich schenkte er dem Verein ein silbernes Sängertrinkhorn mit Deckel, das die Inschrift „Dem Rankweiler Caecilien Gesangvereine von seinem Gönner Ivan Rosenthal Juni 1868“ trägt.

 

 

Als Förderer besonderer Art galt gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Wirt des Gasthauses „Zum Schiff“, der mehrere Male anlässlich der Generalversammlung den Sängern ein Fass Freibier zur Übernahme „empfahl“. Die Zusammenkunft endete in diesen Fällen regelmäßig mit der „einmütigen Annahme und Vertilgung desselben unter Liederschall“.

 

 Ehrenmitgliedschaft

Die Ehrenmitgliedschaft konnte all jenen Personen verliehen werden, die aufgrund ihrer Stellung oder „wegen ihrer Verdienste um die Musik oder um das Gemeindewohl dieser Auszeichnung für würdig erachtet“ wurden. Zum ersten Ehrenmitglied des Vereins wurde Ende 1884 Pfarrer Thomas Ammann ernannt.

 

 

Interessanterweise enthält der Paragraph bezüglich der Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder einen Passus, der es den Sängern verbietet, „einem anderen in der Gemeinde bestehenden Gesangverein anzugehören“. Gerade diese Einschränkung der Bewegungsfreiheit war bei der weiter oben erwähnten Harmoniegesellschaft in den von ihr knapp sechs Monate früher eingebrachten Satzungen beanstandet worden.

 

 

Wie es scheint, sind die Behörden gegenüber der Gründung eines zweiten Chores neben dem seit Jahrhunderten bestehenden, jedoch nicht vereinsmäßig organisierten Kirchenchor auf dem Liebfrauenberg weit weniger abgeneigt gewesen, wie gegenüber der Konstituierung eines zweiten Musikvereines, der letztendlich nicht zustande kam.

 

 Vereinsausschuss

Die Vereinsführung des „Rankweiler Caizilienvereines“ bestand vorerst lediglich aus dem Vorstand, dem Kassier und dem Schriftführer, wurde dann aber bei der Abänderung der Satzungen durch vier zusätzliche Ausschussmitglieder erweitert. Die Vereinsleitung musste sich einem im Jahr einer Abstimmung stellen, wobei nur die Wiederwahl in den Ausschuss abgelehnt werden konnte. Wurde ein Mitglied zum ersten Mal für eine Funktion bestimmt, so musste es laut Statut die Wahl annehmen.

 

Aufgabenverteilung

Zu den Aufgaben der Vereinsvorstehung zählten in erster Linie die Besorgung der laufenden Geschäfte sowie die Vertretung des Vereins in der Öffentlichkeit. Der Schriftführer hatte neben seiner von der Funktion her gegebenen Tätigkeit auch für die Anschaffung der Musikalien sowie der „nötigen Requisiten zu den Übungen“ zu sorgen. Aus den Statuten lässt sich nicht ablesen, ob auch der Chorleiter im Vereinsausschuss vertreten war.

 

Vereinsauflösung

Die Auflösung des Vereines war für den Fall vorgesehen, dass die Mitgliederzahl unter vier Personen sinken sollte. Gegebenenfalls wäre das Vereinseigentum – dem Einwand des Bezirksamtes folgend – bis zur „Neubildung eines ähnlichen Vereines“ der Gemeindevorstehung zur Verwahrung zugefallen. Die Vereinigung mit den Sängern aus dem Vorderland blieb nicht lange aufrecht. Noch im Jahre 1865 suchte der bereits erwähnte Oberlehrer Koch bei der Gemeinde Röthis um die Übernahme der Kosten für die Anschaffung von Singbüchern an, die für einen noch zu gründenden Gesangverein vorgesehen waren. Von den Behörden offiziell anerkannt wurde der „Männergesangverein Konkordia Röthis“ jedoch erst im Jahre 1869. Ein Jahr zuvor, beim 1. Liederfest in Dornbirn, scheint unter den Teilnehmern ein „Vorderländer Cäcilienverein Rankweil“ auf. Offensichtlich haben an dieser ersten großen Veranstaltung des 1862 gegründeten Vorarlberger Sängerbundes die beiden Chorgemeinschaften gemeinsam teilgenommen.

 

 

Gemeinsame Auftritte mit den Vorderländer Gesangskollegen sind weiters für die Primiz des Pfarrers Franz Schratz von Göfis am 15. Juli 1866, den Namenstag des Pfarrers Matt von Rankweil sowie einer Fahnenweihe in Röthis belegt. Lediglich der aus Dafins stammende Lehrer Josef Künzle blieb dem Cäcilienverein längere Zeit treu, obwohl gerade für ihn der Besuch der nun zweimal in der Woche gehaltenen Proben mit einiger Anstrengung verbunden war. „Um sich auf seinem einsamen Heimwege zu unterhalten, zählte er die Schritte und brachte es durchschnittlich auf die Zahl 5680.“

 

 Gründung des Vorarlberger Sängerbundes

Auf Initiative des seit 1857 bestehenden Liederkranzes Bregenz versammelten sich am 6. Juli 1862 sechs Vorarlberger Gesangvereine im Gräflichen Palast zu Hohenems und beschlossen, eine gemeinsame Dachorganisation zu gründen. Die im Oktober desselben Jahres eingereichten Statuten mussten jedoch nochmals überarbeitet werden, so dass die offizielle Konstituierung des Vorarlberger Sängerbundes erst mit dem Statthalterei-Erlaß vom 15. August 1864 vollzogen wurde.

 

 

Der Cäcilienverein Rankweil war dieser Vereinigung im Jahre 1866 beigetreten, doch einige Jahre später wieder aus dem Bund ausgeschieden. Die genauen Daten ließen sich anhand der vorliegenden Unterlagen nicht eruieren, wie überhaupt die Quellenlage zu den ersten 20 Jahren des Cäcilienvereines Rankweil recht dürftig ist.

 

 Cäcilienverein in der Krise

1870 beteiligten sich drei Mitglieder des Männergesangvereines, unter ihnen Chorregent Jakob Ammann, an einer Ovation, die dem Hauptinitiator der Vorarlbergerbahn und ersten Mann der Liberalen in Vorarlberg, Carl Ganahl, dargebracht wurde. Die politischen Wogen gingen hoch und könnten mit ein Grund dafür gewesen sein, dass der Rankweiler Cäcilienverein in den folgenden Jahren bis 1874 lediglich zweimal in der Öffentlichkeit auftrat und die Vereinstätigkeit danach fast vollkommen zum Erliegen kam. Zwischen 1874 und 1883 beschränkten sich die Aktivitäten fast ausschließlich auf die in den Statuten vorgesehene Mitwirkung im Kirchenchor.

 

 

 

Albert Ammann,

Chormeister 1883 – 1887

Abgesehen von einer Unterbrechung Ende der siebziger Jahre dirigierte Chorregent Jakob Ammann den Männergesangverein bis ins Jahr 1883. Ohne jeglichen Einschnitt führte der Schuhmachermeister Johann Ehrne die Vereinsgeschäfte ebenfalls bis 1883. Neuer Chorleiter wurde der bereits genannte Hirschenwirt Albert Ammann, die Vereinsleitung übernahm Josef Thurnher.

 

 Neue Statuten

Unter der Führung Thurnhers erarbeitete der Verein – bewilligt mit Statthalterei-Dekret vom 30. Mai 1884 – neue Satzungen, die sich jedoch nur in wenigen Punkten von den vorhergehenden unterscheiden. Erstmals scheint nun auch der Gesangslehrer als Mitglied des weiterhin jährlich zu wählenden Ausschusses auf, dem insgesamt acht Personen angehörten: der Vereinsobmann, der Gesangslehrer, der zugleich auch Obmann sein konnte, der Kassier, der nebenbei auch Obmann-Stellvertreter war, der Schriftführer sowie vier weitere „Ausschussmänner“. Die in Druck gegebenen Statuten weisen ansonsten lediglich hinsichtlich der unterstützenden Mitglieder – der jährliche Beitrag wurde auf wenigstens 50 Kreuzer festgesetzt – und der Fixierung von vier Generalversammlungen pro Jahr Änderungen auf. Weiterhin wirkte der Cäcilienverein beim Kirchenchor mit.

 

 Rege Probentätigkeit

Die neue Organisation zeigt sich auch in der Ausarbeitung eines detaillierten Übungsplanes: 1. und 2. Bass probten jeweils am Dienstag, 1. und 2. Tenor am Mittwoch. Auf Samstag war eine gemeinsame Probe für den Kirchengesang und auf Sonntag für weltliche Lieder angesetzt. Diese rege Probentätigkeit war auf der einen Seite sicherlich notwendig, um „die gesanglichen Leistungen des Vereines (...) auf die wünschenswerte "Höhe“ zu bringen, auf der anderen Seite bedingte die damit verbundene große zeitliche Beanspruchung der Mitglieder vermehrt einen nur „mittelmäßigen“ Probenbesuch. Der Verein versuchte diesem Übelstand mit Hilfe von Geldstrafen für das unentschuldigte Fernbleiben sowie für das Zuspätkommen entgegen zu wirken. Sollte ein Mitglied dreimal hintereinander ohne begründete Entschuldigung den Proben fernbleiben, war der Ausschluss aus dem Verein vorgesehen.

 

 

Die Einführung von monatlichen Besprechungen im Oktober 1884 blieb nicht einmal ein halbes Jahr aufrecht. Offensichtlich hatten die Sänger mit diesem Beschluss über das Ziel hinausgeschossen, denn auch die Anfang Februar 1885 beschlossenen, den neuen Statuten entsprechenden vierteljährlichen Generalversammlungen wurden laut Protokollbuch nicht durchgehend abgehalten und für kurze Zeit sogar mittels Vereinsbeschluss auf zwei Sitzungen im Jahr reduziert. Auch mit der Einhaltung der zahlreichen Proben dürfte es Schwierigkeiten gegeben haben. In der Versammlung vom 3. April 1887 beschlossen die Mitglieder des Cäcilienvereines jedenfalls, die Probentätigkeit auf einmal pro Woche herabzusetzen. Diese sollte jeweils am Dienstag stattfinden. Drei Monate später wurde dieser Beschluss wieder aufgehoben. Nun waren zwei Proben pro Woche eingeplant „und zwar am Sonntag nach dem vormittägigen Gottesdienste und am Dienstag von ½ 9 an.

 

Inventar von 1885

Eine Inventaraufnahme, datiert mit 5. Mai 1885, ermöglicht einen Überblick über die vom Cäcilienverein eingeübten Gesänge. Neben Liedern der Landshuter Liedertafel, dem Regensburger Liederkranz und einer Liedersammlung für gemischte Chöre von Oleverem sind dabei auch einzelne Titel angeführt wie „Glück auf mein Österreich“ und das „Kaiserlied“ für jeweils 24 Stimmen oder „Heiteres und komisches Lied“ von G. Kunzi und „So oder so“, beide für Männer-Quartette geschrieben.

 

Sängertag in Dornbirn, 1885

Noch unter der Obmannschaft von Josef Thurnher trat der Männergesangverein Cäcilia zu Beginn des Jahres 1885 wieder dem Vorarlberger Sängerbund bei, indem er dessen Satzungen einstimmig annahm. Chorleiter Albert Ammann wurde zum Delegierten des Vereines gewühlt. Die Teilnahme am Sängertag in Dornbirn verlief dann aber nicht den Erwartungen entsprechend. Das „Unikum“, dass die Sänger während ihrer Gesangsdarbietung um einen halben Ton stiegen, führte dazu, dass die vom Schiedsrichterkollegium zugesandte Bewertung der Leistung nicht eingerahmt wurde. Die Schuld an diesem Missgeschick wurde übrigens dem Wein zugeschrieben, der beim Mittagessen im Gasthaus zur Post zuvor genossen worden war. Die Begebenheit hat aus heutiger Sicht weniger bedeutend sein, doch damals wurde dieses Malheur sehr ernst genommen.

 

Josef Wirthensohn, Obmann und Chormeister

Im darauf folgenden Jahr übernahm der Lehrer Josef Wirthensohn, ein Schwager des Gründungsmitgliedes Johann Ehrne, die administrative Leitung des Cäcilienvereines. Ab 1887, nach dem Tod des Chorleiters Albert Ammann, dürfte er auch dessen Funktion ausgeübt haben, jedoch ist in dem noch bis Anfang 1889 geführten Protokollbuch nichts über einen Wechsel vermerkt. Spätestens 1892 jedenfalls übergab er das Amt des Obmannes an den Buchhalter Carl Nachbaur aus Fraxern. Von diesem Zeitpunkt an scheint Wirthensohn in den Büchern – mit Beginn des Jahres 1893 sind wieder Aufzeichnungen über die Sitzungen vorhanden – als Chormeister auf.

 

 Ernste Krise

Häufige Verlegung des Vereinslokales

Der Verein hatte in diesen Jahren eine schwere Krise zu überstehen. Anfang 1889 war die Mitgliederzahl auf zehn Personen gesunken, aus den Jahren danach fehlt überhaupt jede Information über irgendwelche Vereinsversammlungen. Lediglich anhand von Inseraten im Rankweiler Gemeindeblatt und dem Rechnungsbuch lässt sich der Weiterbestand des Männergesangvereines erkennen. Das Vereinslokal, zumindest bis zum Ableben von Albert Ammann im Gasthaus „Hirschen“ untergebracht, wurde zuerst in den Gasthof „Löwen“, dann ins Schulhaus, von dort weiter in das Gasthaus „Traube“ verlegt, um schließlich im Gasthof „Zum Schiff“ eine über den Ersten Weltkrieg hinaus dauernde Bleibe zu finden. Ab 1928 diente dann das Gasthaus „Zum Engel“ als Vereinsheim.

 

 

 

 Gründung eines Volksliederklubs

Wahrscheinlich in den ersten Monaten des Jahres 1889, zumindest aber vor dem 30. April 1889, gründete der Cäcilienverein einen Volksliederklub. Dieser dürfte maßgeblich für das Überleben und den neuen Aufschwung des Vereines verantwortlich gewesen sein. Auf der Einladung zur Generalversammlung vom 3. Jänner 1893 sind bereits wieder 23 Mitglieder vermerkt, wovon 21 an der Versammlung teilnahmen. Beim V. Vorarlberger Sängerbundfest in Feldkirch im Juni 1895 betrug der Mitgliederstand dann 32 Sänger.

 

 

Anlässlich der Neuwahlen für das Vereinsjahr 1893 erklärte Obmann Nachbaur, dass er für diese Funktion nur dann wieder zur Verfügung stehe, wenn die Vereinsstatuten „den heutigen Verhältnissen entsprechend geändert“ würden. Daraufhin beauftragten die versammelten Mitglieder ein aus fünf Personen bestehendes Komitee mit dieser Ausgabe.

 

Abänderung der Statuten

Nachdem die außerordentliche Generalversammlung am 20. Juni desselben Jahres die vorgelegten Satzungen einstimmig annahm, reichte sie Obmann Carl Nachbaur am 22. August mit einer ganzen Reihe von Beilagen direkt bei der Statthalterei in Innsbruck ein. Da weder die Gemeindevorstehung von Rankweil noch die Bezirkshauptmannschaft in Feldkirch gegen die neuen Satzungen Einwände erhoben, wurden diese am 7. September 1893 von der Statthalterei genehmigt.

 

Neuer Vereinsname „Liederkranz“

Im Zuge der abgeänderten Statuten gab sich der Männergesangverein mit der Bezeichnung „Liederkranz“ einen neuen Namen. Auch das Vereinsmotte wurde gewechselt und lautete nun: „Heil wer im Lied männlich erglüht, stark ist sein Herz, frei sein Gemüht.“

 

 

Mit den neuen Vorschriften fiel der ehemals umstrittene Paragraph hinsichtlich der finanziellen Forderungen an „Willkürlich und ohne begründete Ursache“ ausgetretene Mitglieder. Weiters wurde der jährliche Beitrag der unterstützenden Mitglieder auf einen Gulden angehoben. Die Vereinsvorstehung bestand nun nur noch aus sechs Personen, da die zahl der so genannten Ausschussmänner von vier auf zwei reduziert wurde. Sowohl bei den Rechten und Pflichten der Vereinsmitglieder als auch bei den „Obliegenheiten der Vereinsvorstehung und der Mitglieder derselben“ hatten sich im wesentlichen keine Änderungen ergeben.

 

 

Die folgenden Jahre waren durch eine rege Vereinstätigkeit gekennzeichnet, die sich u. a. in zahlreichen Unterhaltungsabenden und Ausflügen innerhalb Vorarlbergs manifestierte. Jährlich wurde ein Unterhaltungsabend veranstaltet, wobei auch ein Tanz, Quadrill genannt, aufgeführt wurde, den Michael Meusburger und Sylvester Nesensohn einstudiert hatten.

 

 

 

Neue Vereinsfahne

Durch seine Umbenennung war der Verein gezwungen, eine neue Fahne anzuschaffen. Bereits unter dem Obmann Johann Wendelin Nachbaur, der 1895 den nach Romanshorn verzogenen Carl Nachbaur ablöste, wurden diesbezügliche Anstrengungen unternommen. 1897 richtete der Verein ein entsprechendes Bittschreiben an den Spender der ersten Fahne, Ivan Rosenthal. Dieser war aber lediglich bereit, die Umarbeitung der alten Fahne zu finanzieren. Für ein neues Vereinsbanner wollte er keinen Beitrag leisten. Daraufhin beschlossen die Mitglieder, aus eigenen Mitteln und mit Hilfe von „sonstigen Beiträgen“, für deren Einbringung ein eigenes Komitee gewählt wurde, eine neue Fahne zu erwerben.

 

 

Die Aufbringung der notwendigen finanziellen Mittel dürfte weit schwerer gewesen sein, als angenommen, konnte doch die Fahnenweihe erst im September 1904 durchgeführt werden. Die Patenschaft übernahmen Fräulein Rosa Scheidbach und der spätere langjährige Vorstand des Liederkranzes, Alfred Häusle. Aufgrund ihrer großen Spenden wurden Sylvester Nesensohn und der Gastwirt Anton Fulterer zu Ehrenmitgliedern ernannt. Das diesbezügliche Fest brachte leider nicht den erwarteten Gewinn, obwohl, wie sich aus dem Rechnungsabschluss des Kassiers schließen lässt, der Umsatz recht hoch war.

 

 

 

 

Der Lehrer Sylvester Nesensohn war zu dieser Zeit bereits seit drei Jahren Obmann des Liederkranzes. Zu Beginn des Jahres 1901 hatte er Wendelin Nachbaur, der seine Funktion infolge beruflicher Überlastung schon seit längerer Zeit zurücklegen wollte, an der Spitze des Vereins abgelöst. Nesensohn war erst „nach eindringlichem Zureden“ seitens der Mitglieder bereit gewesen, diesen Posten zu übernehmen, den er angesichts einer rückläufigen Zahl an Sängern und damit verbundenen sinkenden Leistungen als „sehr zweifelhaftes Vergnügen und eine undankbare Aufgabe“ bezeichnete. Die ständig erforderlichen Ermahnungen der Mitglieder, die Proben fleißiger zu besuchen und überhaupt mehr Disziplin und Gemeinschaftssinn zu zeigen, lassen die Schwierigkeiten einer solchen verantwortungsvollen Funktion erahnen.

 

 

Trotzdem übte er dieses Amt über zehn Jahre aus. Seinen Rücktritt im Dezember 1911 begründete Nesensohn mit „der großen Teilnahmslosigkeit, welche die Mehrzahl der Mitglieder dem Verein gegenüber“ zeige. Zum neuen Vorstand wurde der Kaufmann Alfred Häusle gewählt. Als Dank für seine „Freilassung vom Vorstandsamte“ spendierte Sylvester Nesensohn den Versammelten „einige Liter Wein“.

 

 Fritz Ammann,

Chormeister 1906-1920

Im Laufe des Jahres 1906 schied auch Chormeister Josef Wirthensohn, der seit 1901 im für damalige Verhältnisse weit entfernten Hatlerdorf als Lehrer unterrichtete, aus seinem Amt aus. Die Suche nach einem neuen musikalischen Leiter erwies sich als schwierig. Nachdem rund zwei Monate keine Gesangsproben mehr stattgefunden hatten und eine Fortsetzung derselben kurzfristig sogar in Frage gestellt wurde, erklärte sich der ebenfalls zur Familie der „Hirschenwirt-Ammann“ gehörende, mit akademischen Ehren versehene Gesangslehrer an der Stella Matutina in Feldkirch, Fritz  Ammann, im Oktober 1906 bereit, die Stelle des Chorleiters zu übernehmen.

 

 

Fritz Ammann hatte wenige Jahre zuvor in München das Konservatorium besucht und sich in den verschiedensten Bereichen der Musik ausbilden lassen. Neben der Chormeisterstelle übte er gleichzeitig auch die Funktion des Kapellmeisters der Rankweiler Schützenmusik aus. Weiters war er als Organist und Komponist tätig.

 

 

Mit dem Wechsel von Josef Wirthensohn zu Fritz Ammann scheint zum ersten Mal auch eine finanzielle Vergütung der Leistungen des Gesangsleiters auf, die sowohl dem scheidenden als auch dem neuen Chormeister zuerkannt wurde. Vor allem in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg bestand die Entlohnung auch aus Naturalspenden der Mitglieder.

 

 

 

Sängerbundfest in Bregenz, 1907

Unter Fritz Ammann trat der Liederkranz erneut dem Vorarlberger Sängerbund bei, aus dem er zwischenzeitlich wieder ausgeschieden war. Beim VI. Sängerbundfest im Jahre 1907 in Bregenz konnte der Verein mit dem vom Feldkircher Musiker Anton Schmutzer komponierten Lied „Wenn nicht die Liebe wär“ einen Eichenkranz gewinnen. Die 24 teilnehmenden Sänger aus Rankweil wurden bei der Aufführung vom Komponisten selbst dirigiert, der auch die Einstudierung des Liedes vorgenommen hatte.

 

 

Während die Mitgliederzahl in den folgenden Jahren immer mehr zunahm und die Jahre 1913 mit 42 Sängern einen neuen Höchststand erreichte, sah die finanzielle Lage des Vereins weit weniger gut aus. Mit einer Erhöhung der monatlichen Beiträge der Mitglieder von 20 auf 40 Heller und der Einziehung derselben zu Beginn jeden Monats statt wie bisher am Ende des Jahres versuchte der Verein, seine Kasse etwas aufzubessern. Derselbe Zweck sollte eine von den Mitgliedern einstimmig befürwortete einmalige Zahlung von einer Krone erfüllen. Trotz dieser Maßnahmen konnte die alljährlich am Mittwoch vor dem „Schmutzigen Donnerstag“ stattfindende Faschingsunterhaltung nur „in beschränktem Maße“ durchgeführt werden.

 

 

1914 feierte der Liederkranz Rankweil sein 50jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass wurde er vom Vorarlberger Sängerbund, der gleichzeitig sein 50-Jahr-Jubiläum beging, mit der Organisation des VII. Vorarlberger Sängerbundesfestes betraut. 20 Vereine aus Vorarlberg und Liechtenstein trafen sich aus diesem Anlass in Rankweil, als Festmusik wurden die Schützenmusik Rankweil unter Kapellmeister Fritz Ammann und die Stadtmusik Dornbirn unter Kapellmeister August Rüf engagiert.

 

 

Die Festhalle befand sich „Unter dem Bühel“ in der Nähe des Bahnhofs. In ihr sollte auch das für Mitte August angesetzte „Jahrhundertfest“ der 1814 gegründeten Schützenmusik Rankweil stattfinden, doch bereits die Feierlichkeiten des Liederkranzes standen trotz der vollständig erschienenen Bundesvereine im Schatten der bedrohlichen politischen Verhältnisse. Nicht einmal einen Monat zuvor waren der österreichische Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand, und seine Frau Sophie in Sarajevo ermordet worden, eine Woche nach dem Fest, am 28. Juli 1914, erklärte die österreichisch-ungarische Monarchie Serbien den Krieg. Wenige Tage später erfolgte die allgemeine Mobilmachung.

 

Gefallene des Ersten Weltkrieges

26 der zuletzt 36 Mitglieder des Liederkranzes zogen in den Krieg, acht von ihnen – Franz Beck, Adolf Ebenhoch, Eugen Elsensohn, August Häusle, Otto Ludescher, Andreas Riedmann, Johann Seyfried und Albert Sonderegger – mussten dabei ihr Leben lassen.

 

 

Über die Vereinstätigkeit während des Ersten Weltkrieges haben sich keine Informationen erhalten, doch ist anzunehmen, dass diese so weit als möglich fortgeführt wurde. Im März 1919 hielt der Liederkranz nach offenbar mehrjähriger Pause wieder eine Jahresversammlung ab, an der 33 Mitglieder teilnahmen.

 

Franz Ritter,

Chormeister 1921-1926

 

 

Operette „Der wilde Stanislaus“

Fritz Ammann leitete den Chor bis zu seinem Tod am 25. Jänner 1920. Nachdem Johann Breuß für kurze Zeit dessen Nachfolge angetreten hatte, übernahm der Feldkircher Lehrer Franz Ritter die musikalische Leitung und führte den Verein zu zahlreichen Erfolgen. Beispielsweise errang der Liederkranz beim VIII. Vorarlberger Sängerbundesfest in Feldkirch im August 1926 in der Abteilung einfacher Volksgesang den 1. Rang und erhielt als Preis einen Lorbeerkranz überreicht. Auch die im Mai desselben Jahres in Zusammenarbeit mit dem Orchester der Bürgermusik Rankweil mehrmals aufgeführte Operette „Der wilde Stanislaus“ von Otto Teich vor stets ausverkauftem Hause im Löwensaal war ein voller Erfolg,  wie zusätzliche Vorstellungen und die Berichte in den Zeitungen untermauern. Dem Urteil von Fachleuten entsprechend soll der Liederkranz unter der musikalischen Leitung von Franz Ritter zu den besten Vereinen innerhalb des Vorarlberger Sängerbundes gezählt haben.

 

 

 

 

In den Jahren 1922 und 1923 wird in den Protokollen eine so genannte „Schrammelmusik“ erwähnt, die „jederzeit bereitwillig den lustigen Teil des Vereinslebens würzte“. Offenbar handelte es sich dabei um ein loses Zusammenwirken mehrerer Sänger, die bei verschiedenen Versammlungen des Liederkranzes mit lustigen Showeinlagen für Stimmung sorgten.

 

 Bundesfahne

Anfang 1924 berichtete Vorstand Alfred Häusle von Beratungen bei der Delegiertentagung des Vorarlberger Sängerbundes hinsichtlich eines Verkaufs der Bundesfahne, die sich seit dem letzten Sängerfest 1914 in Rankweil befand. Die Mitglieder des Liederkranzes sprachen sich daraufhin entschieden gegen dieses Bestreben aus. Letztendlich gelang es auch, anstelle der Veräußerung eine Renovierung und Neugestaltung des Bundesbanners durchzusetzen.

 

60jähriges Bestandsjubiläum

Im Jahre 1924 hätte auch das 60jährige Gründungsfest stattfinden sollen, doch musste dessen Durchführung infolge einer ernsthaften Erkrankung des Chormeisters Ritter auf den 14. November 1925 verschoben werden. „Es war ein schönes, würdiges Fest, das das Ansehen des Vereines nach außen und den Zusammenhalt im Innern stärken und fördern wird“, wie der Berichterstatter an die Vorarlberger Landeszeitung, August Loacker, die Festlichkeiten beschrieb. Neben der Liedertafel Feldkirch wirkte auch die Bürgermusik Rankweil mit, zu der der Liederkranz nicht zuletzt wegen der beiden Kapellmeister Fritz und Hermann Ammann, die zeitweise auch im Liederkranz wichtige Funktionen übernommen hatten, freundschaftliche Beziehungen pflegte.

 

 

Nachdem Chorleiter Franz Ritter bereits zum Jahreswechsel 1925/26 erneut erkrankt war, unterbreitete er im Oktober 1926 dem Verein seinen Entschluss, aus Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand die Chormeisterstelle niederzulegen. Obwohl die Nachricht, wie Chronist Josef Gorbach berichtet, längst geahnt wurde, brachte sie den Verein doch in eine kritische Situation, in der sogar über dessen Fortbestand ernsthaft diskutiert wurde.

 

 

Auch wenn eine diesbezügliche schriftliche Abstimmung mit großer Mehrheit für die Weiterführung des Liederkranzes ausfiel, dauerte es nicht lange, bis der Chorregent am Liebfrauenberg, Dr. Bertram Gstach, der die Nachfolge von Franz Ritter angetreten hatte, im Laufe des Jahres 1927 zurücktrat. Dies lag jedoch weniger am musikalischen Leiter als an dem überaus flauen Probenbesuch und der abnehmenden Zahl an Mitgliedern. Ein in der Wortwahl recht scharfer Brief des Vorstandes Alfred Häusle an die Sangesbrüder bringt dies deutlich zum Ausdruck, verfehlte aber indes seine beabsichtigte Wirkung.

 

 Willy Berchtold, Chormeister 1927-1930

Für einige Monate blieb der Liederkranz ohne musikalische Führung. Über Vermittlung von Franz Ritter, der zwischenzeitlich bei verschiedenen Aufführungen den Dirigentenstab führte, fand der Liederkranz Anfang November 1927 in dem von Thüringen nach Meiningen übersiedelten Lehrer Willy Berchtold einen neuen Chorleiter.

 

 

Die Inszenierung der Operette „Rheinische Liebe, rheinischer Ein“ im Frühjahr 1930, mehrfach als neuer Höhepunkt des Vereinsschaffens bezeichnet, sowie die „Schubert-Feier“ – anlässlich des 100. Todestages von Franz Schubert – im Juni 1928 zählten  zu den glanzvollsten Vorstellungen in der drei Jahre währenden Amtszeit des Chorleiters Berchtold.

 

 

 

 

Infolge seiner Versetzung nach Laterns, die eine weitere musikalische Betreuung des Liederkranzes unmöglich machte, trat Berchtold gegen Ende September 1930 von seinem Posten zurück. Nach kurzen Beratungen wurde der Rechtsanwalt Dr. Jakob Gorbach aus Feldkirch mit der Chormeisterstelle betraut.

 

 

Das folgende Jahr 1931 ging als „Trauerjahr“ in die Annalen des Vereins ein und brachte auch dem neuen Chorleiter kein Glück. Die Kunde über den plötzlichen Tod des Vorstandes Alfred Häusle, der fast 20 Jahre lang die administrative Leitung inne hatte und damit maßgeblich des Vereinsgeschehen mitbestimmte, fiel mitten in die Vorbereitungen zum alljährlichen Faschingskränzchen. Nicht nur, dass dieses verständlicherweise abgesagt wurde, eine allgemeine „Lethargie“ überfiel die Mitglieder des Vereines, gegen die auch Chormeister Gorbach nichts entgegensetzen konnte und wohl deshalb gegen Ende des Jahres resignierend seine Funktion zur Verfügung stellte.

 

Hans Peintner,  Chormeister 1931-1935

Unter der neuen Führung mit German Rauch als Obmann und dem aus Lustenau stammenden Hans Peintner als Chorleiter, der Jahre später wie auch Franz Ritter die Stelle des Bundeschormeisters bekleidete, erwachte der Liederkranz wieder zu neuem Leben.

 

Pünktlichkeit und Probenbesuch

Einzig „die scheint´s unausrottbare Unsitte der Rankweiler Unpünktlichkeit“ ließ sich offenbar tatsächlich nicht wirkungsvoll bekämpfen. Jedenfalls waren diesbezügliche Klagen seitens des Vorstandes und des Chormeisters in praktisch jeder Jahreshauptversammlung – jedoch nicht nur zur damaligen Zeit – festzustellen. Etwas besser sah es mit dem Probenbesuch aus, obwohl auch hier des öfteren Klage geführt wurde. Mit der Einführung einer Belohnung für den regelmäßigen Probenbesuch in Form eines Sängerglases konnte jedoch der angesprochenen Nachlässigkeit zumindest teilweise entgegengewirkt werden.

 

Umstrukturierung

Gewisse Umstrukturierungen, wie die Verlegung der Jahreshauptversammlung in den Herbst nach der Sommerpause oder die Anhebung des Mindestalters für die Aufnahme in den Verein auf 20 Jahre, sowie die stärkere Betonung des internen Vereinslebens durch alljährlich durchgeführte Ausflüge und eine Reihe kleinerer Festivitäten standen eher zurückhaltenden Aktivitäten nach außen gegenüber. Die schwierigen politischen Verhältnisse in den frühen dreißiger Jahren ließen wohl keine andere Alternative zu, wollte der Verein seine proklamierte Unparteilichkeit bewahren. Die Tätigkeit erstreckte sich in diesen Jahren meist auf die „pflichtgemäßen“ Veranstaltungen wie Frühjahrs- und Herbstkonzert sowie die Faschingsveranstaltung.

 

 Berchtold wird erneut Chormeister

Als der ehemalige Chorleiter Willy Berchtold 1935 nach Rankweil übersiedelte, um hier seinem Beruf als Lehrer nachzugehen, übernahm er gleichzeitig erneut die musikalische Leitung des Liederkranzes. Mit ihm kehrte auch die Operette wieder ins Aufführungsprogramm des Vereines zurück. Diesbezüglich hatte es des öfteren Schwierigkeiten gegeben, da bei einem derartigen Bühnenwerk nicht alle Mitglieder eingesetzt werden konnten.

 

 

Berchtold verlegte die seit längerem einmal wöchentlich angesetzte Probe wieder auf den „traditionellen Mittwoch“, führte das öffentliche Straßensingen ein und regte die Bildung eines Musikausschusses an. Ein solches Beratungsgremium hatte bereits vor der Jahrhundertwende bestanden. Die Aufgaben der gewählten Ausschussmitglieder lagen vorwiegend in der Mithilfe bei der Auswahl der Lieder und den gesanglichen Aufführungen.

 

 

Die Inszenierung der Operette „Hoheit tanzt Walzer“ erwies sich als voller Erfolg. Die viermalige Aufführung „dieses bislang nur auf städtischen Bühnen mit Berufsschauspielern und Sängern gegebenen Werkes“ im Mai und Juni 1936 bescherte dem Verein nicht nur ein uneingeschränktes Lob der Besucher sondern auch einen erheblichen finanziellen Gewinn. Dieser ermöglichte wenige Wochen später – sozusagen als Belohnung für die sehr viel Zeit in Anspruch genommenen Vorbereitungen – eine mehrtägige „unvergessliche Sängerfahrt“ nach Meran, Bozen und in die Dolomiten.

 

 

 

Die Politik nimmt ihren Einfluss

Die folgenden zwei Jahre waren im Wesentlichen von den Vorbereitungen auf das groß angelegte 75jährige Bestandsjubiläum des Vereins bestimmt. Aus diesem Anlass sollte 1938 das IX. Vorarlberger Sängerbundesfest mit Bewertungssingen in Rankweil stattfinden. Zahlreiche Vorbereitungen waren bereits getroffen, das Stickereilokal der Gebrüder Rauch wegen seiner Geräumigkeit und günstigen Akustik als Sängerhalle auserkoren, der Termin auf den 12. Juni fixiert, als infolge der politischen Veränderungen durch den Einmarsch Hitlers und den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich das Fest zuerst auf Herbst verschoben und letztendlich ganz abgesagt werden musste.

 

 

Das Jahr 1938 brachte auch für den Verein selbst einschneidende Änderungen. Das Protokollbuch endet mit der 1. Ausschusssitzung für das erwähnte Stiftungsfest; aus der von Obmann German Rauch weitergeführten Vereinschronik ist jedoch zu erfahren, dass dieser am 12. April 1938, zwei Tage nach der Volksabstimmung über den bereits vollzogenen Anschluss, sein Amt mit der Begründung zurücklegte:

 

 

„Ich bin mir darüber im Klaren, dass das Wirken und Schaffen des Vereins auch nach Außen hin einer Legitimation bedarf, speziell im Verkehr mit Behörden gegenüber dem Sängerbund. Der Umbruch in Österreich verlangt da und dort neue Leute, die das Vertrauen der Partei, aber auch im besonderen deren Hoheitsträger besitzen.

 

Obmann German Rauch muss zurücktreten

Dieses Vertrauen besaß der Fabrikant German Rauch offensichtlich nicht, denn obwohl ihn seine Sangesbrüder in der einen Tag später stattfindenden außerordentlichen Generalversammlung mit 34 von 35 Stimmen erneut zum Vorstand wählten, musste er gut drei Monate später auf Veranlassung der Ortsparteileitung der NSDAP Rankweil sein Amt abgeben.

 

 

Zu seinem Nachfolger – in der Funktion eines „Vereinsführers“ – wurde der erst am 13. April 1938 „abweichend der früheren Übung“ in den Verein eingetretene Textilkaufmann Willy Grabher bestimmt, der bis ins Jahr 1945 an der Spitze des Liederkranzes stand.

 

 

Über die Vereinstätigkeit in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft haben sich recht spärliche Informationen erhalten, die zudem erst nachträglich Aufnahme in die Chronik fanden.

 

 Verbot des Singens bei Beerdigungen

Bei der Generalversammlung Ende Jänner 1939 zeigten sich die geänderten Verhältnisse in der Besetzung der weiteren Funktionen durch den Vereinsführer selbst. Die traditionelle Faschingsunterhaltung – wohl eindrucksvoll dekoriert – wurde auf einen Samstag verschoben und zum überwiegenden Teil von „Ortsfremden“ besucht. Rechte Stimmung sei dabei keine aufgekommen. Weit mehr dürfte die Sänger aber das Verbot des Absingens von Grabliedern getroffen haben, wie allgemein nach einiger Zeit das korporative Ausrücken bei Leichenbegängnissen untersagt wurde.

 

 

 

Zusammenschluss mit Orchesterverein

Zu Beginn des Jahres 1940 erfolgte der Zusammenschluss mit dem Orchesterverein Rankweil, der schon vor dem Krieg verschiedentlich bei Aufführungen des Liederkranzes mitwirkte. Lediglich zwei gemeinsame Konzerte sind dokumentiert, die 1940 und 1941 jeweils im Februar zugunsten des Winterhilfswerkes durchgeführt wurden. Die Auftritte des Liederkranzes, der ab 1942 vom Buchhalter Felix Riedmann dirigiert wurde, beschränkten sich in den folgenden Jahren auf Heldenehrungen für die gefallenen Soldaten sowie „Lazarettgesänge“ im Reservelazarett Valduna und in Gaisbühel.

 

Kriegsverluste

Von den knapp 20 aktiven Vereinsmitgliedern, die zum Militärdienst eingezogen worden waren, kehrten vier, Jakob Frick, Ernst Grasböck, Reinold Jenny und Max Oberhuber, aus dem Krieg nicht mehr zurück.

 

 

Bereits wenige Wochen nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges hielt der Liederkranz eine erweiterte Ausschusssitzung ab, in der Alois Gorbach zum vorläufigen Vorstand bestellt wurde. Die musikalische Leitung des Chores blieb bis 1946 in der Hand von Felix Riedmann, der dann wegen beruflicher Überlastung von seinem Posten zurücktrat und das Chormeisteramt dem aus Altenstadt stammenden August Büchele übergab.

 

Reaktivierung des Vereins

Verlegung des Probelokals

Im selben Jahr ging auch die Vorstandschaft in andere Hände über. Infolge des ununterbrochenen Bestandes des Liederkranzes während der nationalsozialistischen Herrschaft untersagte die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch auf Grundlage des neuen Vereinsgesetzes mit 1. Mai 1946 jede Vereinstätigkeit. Bereits wenige Tage später, am 13. Mai, beantragte der neu gebildete Ausschuss mit dem Mostereibesitzer Josef Amann an der Spitze beim Sicherheitsdienst der Vorarlberger Landesregierung die Reaktivierung bzw. Wiedergründung des Vereins. Nach mehrmaliger Intervention des Schriftführers August Madlener erhielt der Liederkranz am 26. Juli die Genehmigung zur Wiederaufnahme der Gesangsproben. Knapp einen Monat später bestätigte die Sicherheitsdirektion Bregenz mit Bescheid vom 22. August 1946 die Neugründung des Liederkranzes Rankweil und setzte den Gesangverein in seine vollen alten Rechte ein. Noch im selben Jahr verlegte der Verein sein Probelokal vom „Goldenen Adler“, der lediglich vorübergehend als Sängerheim diente, in das Gasthaus Sonne, das den Liederkranz bis 1958 beherbergte.

 

 

Josef Amann und August Büchele blieben nur kurze Zeit in ihrem Amt, wie auch ihre Nachfolger als Vorstand bzw. Chorleiter, Alois Gorbach und Felix Riedmann.

 

 Neuer Aufschwung unter Chormeister Franz Ritter und Obmann German Rauch

Nachdem bereits in der ersten, Ende März 1946 stattgefundenen, Jahreshauptversammlung nach dem Krieg 13 neue Mitglieder im Verein begrüßt werden konnten, erhöhte sich der Personenstand in den kommenden zwei Jahren derart stark, dass Ehrenchormeister Franz Ritter bei der Generalversammlung im September 1948 angesichts einer Sängerschar von knapp 80 Männern die Übernahme der Chormeisterstelle bei entsprechender Wahl zusagte.

 

 

Anfang Mai 1946 war der allseits beliebte und anerkannte ehemalige Vorstand German Rauch aus der italienischen Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt. Schon damals hatte er seine Mitarbeit im Verein „nach Erholung von den Strapazen und Regelung seiner bevorstehenden geschäftlichen Aufgaben“ zugesichert. 1948 nahm er diese Funktion, zu der er einstimmig gewählt wurde, an und blieb ebenso wie Chormeister Franz Ritter bis 1954 im Amt.

 

 

Diese Phase war von einem neuen Aufschwung des Vereins gekennzeichnet, der sich in zahlreichen Erfolgen sowohl nach außen wie nach innen zeigte. Bereits der Amtsantritt dieser beiden Männer ließ – wie es Chronist Josef Gorbach formulierte – „alle Sängerherzen höher schlagen und die Hoffnung hegen, die Zukunft werde in den Annalen des Liederkranzes mit goldenen Lettern verbuchen können, dass neue Sangeslust erstanden ist und Sänger sich aus allen Schichten und Berufen zusammengeeint haben zur hehren Pflege des deutschen Liedes, zur Freude ihrer selbst und der Mitmenschen.

 

Starker Zuwachs an Mitgliedern

Als besonderer Meilenstein in der Vereinsgeschichte ist der 28. Mai 1949 zu nennen. Nicht weniger als 22 „Neusänger“ wurden an diesem Tage in einer außerordentlichen Generalversammlung offiziell in den Verein aufgenommen. Die sechs zusätzlichen Gastsänger miteingerechnet, erreichte der Liederkranz mit 82 aktiven Mitgliedern eine noch nie dagewesene und auch in späteren Jahren nie mehr erreichte Stärke. Der Liederkranz Rankweil war damit nach Bregenz der zweitgrößte Gesangverein in Vorarlberg.  Dementsprechend feierlich fiel auch das Angelobungszeremoniell aus. Erstmalig gelangte ein in rot-weiß-gold gehaltenes Coleurband zur Verteilung. Auch führte der Verein die so genannte Patenschaft ein, durch die jedem neu aufgenommenen Sänger ein erfahrenes Mitglied zur Seite gestellt wurde, das den neuen Sangesbruder beispielgebend und aufmunternd in der ersten Zeit seiner Mitgliedschaft unterstützen sollte.

 

 

 

Erste Liedertafel

Anschließend eröffnete der Vorstand die 1. Liedertafel des Männergesangvereines Liederkranz, die unter dem Motto „Wohl bekomm uns der Tropfen ...“ stand und neben Festansprachen und zahlreichen Gesangseinlagen die Ehrung der verstorbenen Mitglieder beinhaltete.

 

 

Abgesehen von den mehrfach vorgetragenen Liedertafeln zählten vor allem die Auftritte beim Sängertag in Lustenau 1949, beim Sängerbundfest in Götzis 1950 sowie das Festkonzert anlässlich der 85jährigen Gründungsfeier 1949 zu den erfolgreichsten Darbietungen des Liederkranzes in dieser Zeit. Bei manchen Aufführungen wie z. B. den Cäcilienkonzerten wirkte zeitweise auch der Orchesterverein Rankweil mit. 1952 veranstaltete der Liederkranz in Zusammenarbeit mit der Bürgermusik Rankweil zum ersten Mal ein Muttertagssingen. Ein Jahr später nahmen die Sänger nach gründlicher Vorbereitung im Schlossbräusaal in Dornbirn fünf Lieder auf Tonband auf, die dann einige Tage darauf im Radio gesendet wurden.

 

 Bundessängerfest in Hohenems, 1953

Zu einem Erlebnis besonderer Art gestaltete sich das Bundessängerfest 1953 in Hohenems. Anfänglich herrschte unter den Mitgliedern des Liederkranzes „helle Freude“, als die Darbietung beim Wertungssingen in der schwersten Stufe von mehreren Fachleuten mit Beifallsäußerungen bedacht wurde. Dementsprechend groß war die Enttäuschung bei der abendlichen Preisverteilung, als das Urteil bekannt gegeben wurde. Für den Vortrag des Chores „Am Bergstrom“ von Eduard Köllner erhielt der Liederkranz von den zwei Preisrichtern in der zweiten Stufe den letzten Platz zugeteilt. Zudem wurde darauf vergessen, dem Ehrenchormeister Ritter bei der Beurteilungsverkündung zu gratulieren.

 

 

Inwieweit bei diesem Wertungssingen „nicht alles mit rechten Dingen zuging“, lässt sich anhand der vorliegenden Unterlagen nicht sagen. Jedenfalls glaubt sich der Liederkranz davor gewarnt, „sich künftig einer Institution zur Verfügung zu stellen, die solche Fehlleistungen nicht verhindern“ könne.

 

 Finanzielle Lage

Finanziell sah es in den ersten Jahren nach dem Krieg für den Verein ziemlich schlecht aus. Neben der Erhöhung der Mitgliedsbeiträge, wobei stets ein Teil für die Reisekasse abgezweigt wurde, war es notwendig, unter der Bevölkerung verstärkt nach unterstützenden Mitgliedern zu suchen. Diesbezüglich wurde eigens eine Werbeschrift verfasst, die per Post an die Haushalte versandt wurde.

 

Vereinsausschuss

Ab dem Jahre 1949 sind auch die Ausschusssitzungen dokumentiert, in denen speziell in Bezug auf die Neuwahlen des Vorstandes wichtige Vorentscheidungen getroffen wurden. Im Grunde fand die Besetzung des Ausschusses schon in dieser Sitzung statt, die eigentliche Wahl in der Jahreshauptversammlung diente in der Regel lediglich der Bestätigung und Legitimation der zuvor getroffenen diesbezüglichen Entscheidungen.

 

 

Die Zahl der Ausschussmitglieder sowie der weiteren Funktionäre musste zwangsläufig der steigenden Mitgliederzahl angepasst werden. In der Generalversammlung vom 25. Oktober 1952 wurden inklusive der Nebenausschüsse nicht weniger als 36 Posten besetzt. 13 Personen bildeten den Vereinsausschuss bestehend aus Vorstand und Chormeister sowie deren Stellvertreter, Tafelmeister, der speziell für die Organisation der Festlichkeiten zuständig war, Schriftführer, Chronist, Haupt- und Reisekassier, Mitgliederwart, der in erster Linie den Probenbesuch zu kontrollieren hatte, Archivar und zwei Beiräten. Nicht im Ausschuss vertreten waren der Fähnrich und die Fahnenjunker. Daneben existierten noch vier Nebenausschüsse – Presse-, Vergnügungs-, Werbe- und Musikausschuss – mit je fünf Mitgliedern.

 

Manfred Büchel, Chormeister 1954-1958

Das Jahr 1954 brachte den erwarteten Wechsel in den Führungspositionen des Vereins. Sowohl Vorstand German Rauch als auch Ehrenchormeister Franz Ritter sagen sich angesichts ihrer gesundheitlichen Verfassung nicht mehr imstande, ihre mit sehr viel Arbeits- und Zeitaufwand verbundene Funktion weiter auszuführen. Auf Drängen der Ausschussmitglieder erklärte sich Alois Gorbach bereit, den Vorstandsposten für ein Jahr zu übernehmen. Zum neuen Chormeister wurde einstimmig der Hauptschullehrer Manfred Büchel gewählt.

 

 

 

 

Nach längeren Diskussionen entschied sich der Verein in derselben Versammlung, sein 90jähriges Stiftungsfest in bescheidenem Rahmen zu begehen. Am Nachmittag des 14. November 1954 wurde unter Mitwirkung des Orchestervereines ein Festkonzert im Löwensaal gegeben, der abendliche Kommers – im studentischen Sinne ein Trinkfest mit feierlichem Rahmen – fand im geschlossenen Kreis der Mitglieder und ihrer Angehörigen statt.

 

 Auszeichnungen

In der Jahreshauptversammlung 1955 konnten nach längerer, vor allem Produktionsbedingter Pause wieder die begehrten Sängergläser für vorbildhaften Probenbesuch ausgegeben werden. Eine besondere Auszeichnung in Form eines Sängerringes verteilte der Liederkranz auch all jenen Mitgliedern, die 25 Jahre oder länger dem Männergesangverein die Treue hielten.

 

 

Da Alois Gorbach 1955 eine Wiederwahl als Obmann aus beruflichen Gründen dezidiert ablehnte, erklärte sich der langjährige Vizevorstand Adam Ölz, Mitbesitzer der gleichnamigen Getreidemühle am Mühlebach, zur Übernahme dieser Funktion bereit. Aber auch er konnte aus denselben Gründen dieses Amt nur ein Jahr lang ausüben.

 

 Sorge um den Nachwuchs

Im Oktober 1956 gewann der Verein mit dem damaligen Schriftführer Leo Breuß einen neuen Obmann. Dieser hatte sich sogleich mit einer der wichtigsten Aufgaben eines Vereines zu befassen. Die Frage des Nachwuchses war „zum brennendsten Problem“ des Liederkranzes geworden. Der Mitgliederstand hatte in den vergangenen Jahren sukzessive abgenommen, zudem mussten – den Vereinsstatuten entsprechend – auch vereinzelt Sänger aus dem Verein ausgeschlossen werden, da sie trotz mehrmaliger Aufforderung dem Besuch der Proben nicht nachgekommen waren. 1958 wurde der Werbeausschuss beauftragt, sich intensiv dieser lebenswichtigen Angelegenheit zu widmen. Die Anwerbung von jungen Sängern, die vor allem im Wettstreit mit den stark anwachsenden Sportvereinen ausgetragen werden musste, wurde im November 1958 sogar zur Hauptaufgabe des folgenden Vereinsjahres deklariert. Ein erster Erfolg stellte sich Ende des Jahres 1959 ein, als in der Jahreshauptversammlung gleich acht neue  Sänger in den Verein aufgenommen werden konnten.

 

„Saalfrage“

Probleme bereitete dem Liederkranz auch zusehends die so genannte „Saalfrage“ in Rankweil, deren sich verzögernde Lösung die Streichung mehrerer geplanter Konzerte notwendig machte, die der Verein durch Straßensingen und Gartenkonzerte zu kompensieren suchte. Dieses „Fehlen eines geeigneten Konzertraumes“ brachte den Verein auch in eine unangenehme Situation gegenüber den unterstützenden Mitgliedern, da es nicht möglich war, ihnen für ihre finanzielle Unterstützung im Jahre 1958 eine entsprechende Gegenleistung zu bieten. Im Mai 1959 konnte dann, begleitet von den Streichern des Orchestervereines, im Kinosaal in der Bahnhofstraße wieder ein Frühjahrskonzert abgehalten werden. Mit der Übergabe des Vinomnasaales an die Rankweiler Vereine am 29. Jänner 1961 gehörte die „Saalfrage“ der Vergangenheit an.

 

Finanzielle Lage

Auch auf finanzieller Seite hoffte der Liederkranz auf Unterstützung durch die Gemeinde, da „die Aktiva der Vereinskasse immer mehr und mehr zusammenschrumpften“. Aus diesem Grund kam zu Beginn der sechziger Jahre hinsichtlich der Sängerfahrten entgegen der früheren Praxis „höchstens ein kleiner Ausflug in die nähere Umgebung“ in Frage, der zudem meist mit dem Auftritt bei einer Sängerveranstaltung verbunden war. Die schlechte finanzielle Lage wurde u. a. auf das Fehlen einer größeren Zahl von unterstützenden Mitgliedern zurückgeführt. Um diesem Mangel entgegenzuwirken, beschloss der Verein, für jeden Neugeworbenen Förderer dem Werber einen Monatsbeitrag gutzuschreiben.

 

 Neues Vereinslokal im Gasthaus „Zum hohen Freschen“

1958 war auch die Frage bezüglich des Vereinslokales akut geworden, nachdem der Besitzer des Gasthofes „Zur Sonne“ die Mitteilung machte, dass er „viel bessere Möglichkeiten hätte, das Probelokal zu vermieten“. Lediglich als Zwischenlösung wurde die Verlegung der Heimstätte des Liederkranzes in das Gasthaus „Zum hohen Freschen“ angesehen, in dem der Verein jedoch bis 1971 seine Gesangsproben abhielt. Auch nach der Umsiedlung in die neu erbaute Volksschule Montfort blieben die Sänger dem Gasthaus mit der Durchführung der Jahreshauptversammlungen verbunden.

 

 

In der Sitzung vom 8. November 1958 trat Chormeister Manfred Büchel aufgrund zu starker Beanspruchung an seinem Dienstort in Dornbirn von seiner Funktion zurück. Zu seinen größten Erfolgen zählte sicherlich das mit der Note „sehr gut“ bewertete Auftreten des Liederkranzes beim Sängerfest in Bregenz Anfang Juni 1957 und das als „Edelstein“ bezeichnete Faschingskränzchen im März desselben Jahres.

 

 Traditionelle Veranstaltungen

Neben diesem gehörte auch der 1957 erstmals mit einem Preisjassen durchgeführte „Nikoloabend“ sowie der Sängerball, der nach der Eröffnung des Vinomnasaales auch der Bevölkerung zugänglich gemacht wurde, zu den traditionellen Veranstaltungen des Liederkranzes. In die Öffentlichkeit traten die Sänger in erster Linie bei den Frühlings- und Herbstkonzerten sowie bei Totenehrungen und – in diesen Jahren recht oft – zu Bestattungen.

 

 Helmut Fischer, Chormeister 1958-1965

Neuer Chormeister wurde der gerade in den Verein eingetretene Schulleiter Helmut Fischer. Auch er konnte in seiner siebenjährigen Tätigkeit zahlreiche Erfolge verzeichnen und beim Wertungssingen in Feldkirch anlässlich des Landessängertages 1962 mit dem Liederkranz ebenfalls die Bewertung „sehr gut“ erreichen. Zu erwähnen ist an dieser Stelle auch das in Zusammenarbeit mit der Liedertafel Götzis im November 1962 veranstaltete Volksliederkonzert, das vom Publikum mit „großer Begeisterung“ angenommen wurde. Zum ersten Mal trat  Fischer mit dem Liederkranz auch bei den traditionellen Heimatabenden der Rankweiler Bürgermusik auf.

 

 

 

100 Jahre Liederkranz

Einen besonderen Höhepunkt seiner Amtszeit bildete sicherlich das Festkonzert am 9. Mai 1964 anlässlich der Feierlichkeiten zum 100jährigen Bestand des Männergesangvereines Liederkranz Rankweil. Eine besondere Note verlieh diesem Fest nicht nur die Anwesenheit der Fahnenpatin aus dem Jahre 1904, der 84jährigen Rosa Gehring, geb. Scheidbach, sondern auch die Verleihung der „Rudolf-von-Ems-Verdienstmedaille“ durch den Vorarlberger Sängerbund.

 

Fahnenerneuerungsweihe

Drei Wochen später fand in Rankweil auf der von der Gemeinde neu gestalteten „Schützenbündt“ der Landessängertag des Vorarlberger Sängerbundes statt, dessen Organisation Ehrenvorstand German Rauch als Festobmann zusammen mit Vorstand Leo Breuß und dem Obmann des Wirtschaftsausschusses, August Knobel, übernommen hatte. Gleichzeitig wurde auch eine Fahnenerneuerungsweise abgehalten, wobei der Musikgesangverein Hohenems unter der Leitung von Helmut Fischer den Festgottesdienst mit einer Schubertmesse gestaltete. Es dürfte wohl einmalig in der Geschichte der Gesangvereine in Vorarlberg sein, dass eine Fahnenpatin – eben Frau Gehring – sechzig Jahre nach dem ersten Weiheakt nochmals für dieselbe Fahne die Patenschaft übernahm. Auch dem damaligen Fahnenträger Johann Matt war es vergönnt, diesem Fest beizuwohnen.

 

 Feierlichkeiten

Die Bürgermusik Rankweil, die gut einen Monat später mit dem 10. Vorarlberger Bundesmusikfest selber einen runden Geburtstag beging, besorgte den musikalischen Auftakt des Festabends, den nach dem Auftritt mehrerer Gesangvereine aus der näheren Umgebung die Bürgermusik Satteins gestaltete. An den sonntäglichen Feierlichkeiten beteiligten sich 42 Vereine, gleich 26 Chöre gaben an zwei verschiedenen Orten, im Vinomnasaal und im Festzelt, Kostproben ihres Könnens. Die groß angelegten Feierlichkeiten endeten mit einem Bundeskonzert der anwesenden Männerchöre, dirigiert von Bundeschormeister Eugen Elsäßer, auf dem Sportplatz „Gastra“

 

 

Für die Zeit nach 1964 waren trotz intensivster Bemühungen des heutigen Ehrenvorstandes Eugen Paulitsch keine Protokollbücher über die Versammlungen des Vereins aufzutreiben. Deshalb konnte bei der Darstellung der Vereinstätigkeit der folgenden 17 Jahre – mit 1981 endet auch die Chronik – lediglich auf die Angaben in der Vereinschronik zurückgegriffen werden.

 

 Hubert Allgäuer, Chormeister 1965-1976

Mit Endes des Vereinsjahres 1965 legte Chormeister Helmut Fischer seine Funktion nieder. Bereits in derselben Versammlung konnte Obmann Breuß den Mitgliedern in der Person von Hubert Allgäuer den neuen musikalischen Leiter vorstellen.

 

 

Fünf Jahre später, im Herbst 1970, trat Vorstand Leo Breuß nach 14jähriger Tätigkeit an der Spitze des Männergesangvereines von seinem Amt zurück. Zu seinem Nachfolger wählten die versammelten Mitglieder einstimmig den langjährigen Vereinskassier und damaligen Kassier des Vorarlberger Sängerbundes, Amtsrat Eugen Paulitsch, der dem Verein mit einer Unterbrechung zehn Jahre lang bis 1982 vorstand.

 

 

Eine der ersten Aufgaben der neuen Führung war die seit langem geplante, aber immer wieder verschobene Neufassung der Vereinsstatuten abzuschließen. Abgesehen von der sprachlichen Anpassung wurden lediglich einige wenige Punkte geändert. Der offizielle Vereinsname lautete nun „Männergesangverein Liederkranz Rankweil 1864“, das Eintrittsalter wurde – offensichtlich angesichts des stets mehr oder weniger akuten Nachwuchsproblemes – auf 16 Jahre herabgesetzt und die Amtszeit der aus 13 Personen bestehenden Vereinsleitung auf zwei Jahre ausgedehnt. Im Dezember 1971 genehmigte die Bezirkshauptmannschaft die Neugefassten Satzungen.

 

 

Im folgenden Jahr organisierte die Vereinsführung die erste große Reise nach dem Zweiten Weltkrieg. Für drei Tage begab sich der Liederkranz in die Wachau. Allein die seitenlange Berichterstattung in der Chronik zeugt von den eindrücklichen Erlebnissen dieses Vereinsausfluges.

 

Neue musikalische Wege

Unter Chormeister Hubert Allgäuer betrat der Liederkranz neue musikalische Wege, indem er statt dem traditionellen Volkslied verstärkt Liedgut fremder Völker und vergangener Zeiten einstudierte, wie etwa amerikanische Chöre, Spirituals und Musicals oder Kunstlieder aus dem 16. Jahrhundert, so genannte Madrigalen. Insbesondere wollte Allgäuer damit, wie er selbst formulierte,  „die Versuche fortsetzen, einen Weg zu den Herzen der jüngeren Generation zu finden, ohne dabei zu banaler Pop-Musik abzusinken, und (...) doch die Feinschmecker klassischer Musik nicht übersehen“.

 

 

Die erfolgreichen Aufführungen gaben ihm – zumindest von der musikalischen Seite betrachtet – recht. In den diesbezüglichen Zeitungsberichten war u. a. von „besten Leistungen seit Jahren“, „begeisternder“ Darbietung und „wesentlich gehobenem Niveau“ die Rede.

 

Interessenskonflikte

Auf der anderen Seite spaltete dieses Streben nach höherem Gesang den Verein in zwei Gruppen: auf der einen Seite diejenigen, die die Ambitionen des Chormeisters, anspruchsvolle Chorliteratur zu pflegen, soll unterstützten, auf der anderen Seite jene, die mit ihrer Tätigkeit im Verein mehr eine Freizeitbeschäftigung sahen, die vor allem mit Geselligkeit verbunden sein sollte.

 

 Grundsatzabstimmung

Zwangsläufig hatte darunter der Probenbesuch zu leiden, womit auch die anspruchsvollen Ziele des Chorleiters in Gefahr gerieten. Nachdem Hubert Allgäuer bereits im Herbst 1972 die sprichwörtlichen Rute ins Fenster gestellt hatte und nur mit einer Grundsatzabstimmung, die den Austritt von acht Sangesbrüdern zur Folge hatte, zur Weiterarbeit bewegt werden konnte, legte er vier Jahre später – der Probenbesuch hatte sich nicht wesentlich gebessert- sein Amt nieder. Nicht nur, dass mehrere Proben infolge zu geringer Beteiligung abgesagt werden mussten, die daraus resultierende mangelhafte Vorbereitung verlangte 1975 eine Verschiebung des geplanten Frühjahrskonzertes auf den Herbst.

 

 

Inwieweit auch der Rücktritt des Vorstandes Eugen Paulitsch Ende November 1975 mit dem Desinteresse doch zahlreicher Mitglieder zusammenhing, muss offen bleiben, der Liederkranz schlitterte jedenfalls in eine schwere Krise, die nach den vielgelobten Leistungen der vergangenen Jahre besonders schmerzen musste. Der spätere Bürgermeister von Rankweil, Hans Kohler, übernahm in dieser schwierigen Phase die Obmannschaft

 

 Rücktritt von Chormeister Hubert Allgäuer

Für den Chronisten Lothar Rothmund war die Kündigung des Chormeisters ein schwerer Verlust und von großer Bedeutung für die Existenz des Vereines. In seinem Jahresbericht würdigte er dann auch die Verdienste von Hubert Allgäuer:

„Um den Fortbestand vom Liederkranz Rankweil zu sichern, muss ein neuer Chorleiter bestellt werden. Daran sind wir alle sei es nun der schlechte oder pflichtbewusste Probenbesucher, interessiert. Abwechslungsreich genug war das Programm in den letzten zehn Jahren – so lange war Hubert Allgäuer unser Chorleiter – auf jeden Fall. In diesen zehn Jahren hatten wir neben ausgezeichneten Sängerbällen, die zum Großteil auch auf sein Konto gingen, mit unseren Konzerten die Welt umwandert.

 

 

Wir sangen „Lieder der Nationen“, wählten aus „Ost und West“, sangen „Melodien aus dem Süden“ und brachten „Tanzrhythmen aus aller Welt“ zu Gehör. Dazwischen waren wir vergnügt bei „Froher Sang und Hörnerklang“  bei „Tanz und Frohsinn“ und bei „Weib und Wein im Gesang“. Wir sangen „Madrigal und Musical“ und zum 110jährigen Bestehen des Liederkranzes gaben wir ein „Opernkonzert“. Im Sinne des Liederkranzes und im Sinne der Chormusik ist nun zu hoffen, dass dieser 13. November ein guter Novembertag für die Zukunft sein wird.

 

Georg Schaefer, Chormeister 1977-1980

Die Hoffnungen des Chronisten für die Jahreshauptversammlung im November 1976 erfüllten sich vorerst nicht. Erst fünf Monate später, im April 1977, konnte nach zwei diesbezüglichen Fehlgriffen auf Initiative des Beirates Eugen Paulitsch mit Georg Schaefer ein neuer Chormeister gefunden werden.

 

 

Schaefer leitete den Chor drei Jahre lang. Durch seine unbestrittenen Fähigkeiten trug auch er wesentlich zur musikalischen Weiterentwicklung des Liederkranzes bei, wie z. B. das ausverkaufte Herbstkonzert 1979  beweist, das unter dem Motto „Diesmal geben wir´s rhythmisch“ stand.

 

„Förderung der Kameradschaft“

Dass die Mitglieder des Liederkranzes neben dem Gesang stets auch noch eine Reihe weiterer Freuden, die das Leben bietet, genossen, lasst sich in der umfassenden Chronik des Vereins nachlesen. Die internen Veranstaltungen, von der Nikolofeier angefangen über den mit Showeinlagen reichlich versehenen Sängerball und die zahlreichen mitunter auch mehrtägigen Vereinsausflüge, einmal mit, einmal ohne Begleitung, bis hin zu den „kleineren Festen“ wie Käsknöpflepartie oder Schwartenmagensalatessen trugen aus der Sicht der verschiedenen Chronisten stets dazu bei, das kameradschaftliche Verhältnis unter den Sängern trotz diverser Meinungsverschiedenheiten zu stärken.

 

 

Bei derartigen Festen war die Stimmung meist „feucht und fröhlich“ und so mancher Abend endete erst am nächsten Tag, nicht selten mit irgendwelchen Streichen. Auch nach dem Sängerball des Jahres 1972 fanden nicht alle Teilnehmer den kürzesten Weg nach Hause. „Den größten und längsten Abstecher machten aber jene Sänger, welche nach durchzechter Nacht in den Vormittagsstunden, den Hut in die Stirn gezogen, die Gitarre im Anschlag, das Gebäude der Volksbank betraten und einen Überfall vortäuschten. Aber die harmlosen Killer wurden sofort erkannt. In der Kanzlei des Bankdirektors kam man bei einem guten Schluck ins Reine.

 

 

 

 Waldfest am Schafplatz

Das unter Vorstand Kohler 1977 erstmals organisierte Waldfest am Schafplatz entwickelte sich zu einem anfangs nicht erwarteten Publikumsmagneten und brachte dem Verein neben vielen Arbeitsstunden auch reichliches Lob und eine willkommene Aufbesserung der Vereinskasse.

 

 Sportliche Betätigung

Auf dem sportlichen Sektor leistete der Liederkranz in gewisser Weise ebenfalls Pionierarbeit. Im Winter 1970 organisierte der Verein in Übersaxen das erste Schirennen des Vorarlberger Sängerbundes, das sich – so es die Schneeverhältnisse zuließen – zu einer jährlich wiederkehrenden Veranstaltung entwickelte.

 

 

In der Jahreshauptversammlung vom 10. Oktober 1977 übergab Vorstand Hans Kohler, der aus beruflichen Gründen eine Weiterführung des Amtes ablehnen musste, seine Funktion in die erfahrenen Hände von Eugen Paulitsch, der die Vereinsleitung bereits in den Jahren 1970 bis 1975 innehatte.

 

Josef Feßler,

Chormeister 1980 bis 1996

Nach dem Rücktritt von Chormeister Georg Schaefer unmittelbar vor der Sommerpause 1980 war der Vereinsausschuss erneut gezwungen, nach einem musikalischen Leiter zu suchen. Diesmal war sozusagen gleich der erste Griff ein „Volltreffer“. Mit dem Hauptschullehrer Josef Feßler aus Götzis konnte Vorstand Paulitsch den Sängern einen Mann präsentieren, der nicht nur eine langjährige Erfahrung als Chormeister aufzuweisen hatte, sondern dem es auch gelang, die Mitglieder neu zu motivieren. Vielleicht lag  dies auch daran, dass Feßler wieder verstärkt „bodenständiges Liedgut, Volkslieder, traditionelle Männerchöre sowie Jägerchöre“ ins Programm aufnahm.

 

 

Das erste Frühjahrskonzert unter der Leitung Feßlers war dann auch von großem Engagement seitens der Sänger getragen und wurde sowohl vom zahlreich erschienenen Publikum als auch von der Presse mit viel Lob bedacht.

 

Einheitliche Kleidung

Im Herbst 1981 konnten sich die Chormitglieder endlich einen lange gehegten Wunsch erfüllen. Zum ersten Mal in der Geschichte des Vereines präsentierte sich der Liederkranz in einheitlicher Kleidung: graue Hose, blaues Sakko, weißes Hemd und schwarz-rot gemusterte Krawatte.

 

 

Mit Endes des Vereinsjahres 1981/82 übergab Vorstand Eugen Paulitsch sein Amt an den Prokuristen Manfred Breuß, der die Vereinsleitung bis 1985 innehatte. In seine Führungszeit fällt die Verlegung des Probelokales in den „Kleinen Kultursaal“ der Marktgemeinde im Jahre 1982.

 

Fahnenweihe 1993

Seit 1985 steht Werner Kopf an der Spitze des Liederkranzes. Zu den bedeutendsten Ereignissen seiner bisherigen Amtszeit zählen die Feierlichkeiten anlässlich des 125jährigen Bestandjubiläums sowie in Vorbereitung auf die 130-Jahr-Feier die Anschaffung einer neuen Vereinsfahne. Am Abend des 5. Juni 1993 lud der Liederkranz zu einem Festkonzert in den Vinomnasaal, tags darauf fand in der Basilika die Weihe der Fahne statt. Als Fahnenpatin konnte Frau Kathi Ölz gewonnen werden. Das anschließend an den Festgottesdienst stattgefundene „gemütliche Beisammensein“ hatte zusätzlich zum Vereinszwecke, der neben der Pflege des Chorgesanges auch die Förderung der Kameradschaft vorsieht, auch weitere Aufgaben zu erfüllen. Angesichts der sinkenden Zahl an jungen Sängern ist das öffentliche Auftreten des Männergesangvereines Liederkranz mehr denn je mit der Werbung in eigener Sache verbunden. Es ist dem Verein zu wünschen, dass das Fahnenfest 1993 auch diesbezüglich seinen Dienst erfüllt hat.

 

 

 

 

Im Jahr nach der Fahnenweihe, 1994, gab Chormeister Josef Feßler das ‚Kleine blaue Liederheft’ heraus,  das von da an bei geselligen Anlässen benutzt wurde.

 

Hubert Allgäuer,

Chormeister 1996 bis 2015

1996 trat Chormeister Josef Feßler zurück.  Als Nachfolger konnte OStR.  Prof. Hubert Allgäuer gewonnen werden,  der den Chor schon einmal (von 1965 bis 1976) geleitet hatte.  2001 nahm der Chor am Bodenseechorfest in Friedrichshafen teil.  

 

Albert Jenny, 

Vorstand 2002 bis 2009

 

2002 starb Vorstand Werner Kopf völlig unerwartet.  Albert Jenny übernahm die Führung des  Gesangvereins als Vorstand.   2005 fuhr der Gesangverein nach Eggingen und nahm  dort an einem internationalen Chortreffen teil.  Ebenfalls 2005 konnte ein neuer Flügel angeschafft werden,   der alte wurde an den ‚Liederkranz Giesingen’ abgegeben.  2007 übergab Altfähnrich Hartmut Förster das Amt und die Vereinsfahne an den neuen Fähnrich Rainer Elmenreich.

 

Gerhard Reicht,

Vorstand seit 2009

Zwei Jahre später,  2009,  übergab Vorstand Albert Jenny sein Amt an den neuen Vorstand Gerhard Reicht.

Ab etwa 1990 nahm der Chor nicht mehr an großen Sängertagen oder Wertungssingen teil.  Auch die berühmten und beliebten Sängerbälle wurden nicht mehr veranstaltet.  Es wurde aber jedes Jahr ein großes Konzert mit weltlicher Musik im Vinomnasaal,  jedes dritte Jahr anstatt dessen ein sakrales Konzert in der Basilika in Rankweil veranstaltet.  Der Chor gestaltete jährlich einen Gottesdienst in der Basilika oder St. Josef zum Gedenken an verstorbene Sänger,  einen Gottesdienst in der Kapelle des Landeskrankenhauses Rankweil,  und in den Jahren ab 2010 einen Adventgottesdienst in Sulz.  Zusammen mit den anderen Rankweiler Chören nahm er teil an gemeinsamen Veranstaltungen,  wie z. B. an ‚Rankweil ischt Chörig’ auf dem Platz vor der Basilika.

 

150 jähriges Jubiläum

2014 feierte der Männergesangverein sein 150 jähriges Bestehen.  Ein Frühschoppen,  der vom Rundfunk übertragen wurde,  wurde abgehalten und ein großes Festkonzert 'aus Oper und Operette' wurde veranstaltet.  Der Maler Peter Nußbaum wurde beauftragt eine Lyra zu gestalten,  die als Kunstdruck käuflich erworben werden konnte,  und eine große eiserne Lyra wurde im 'Sängerpark',  in dem 25 Jahre zuvor eine Linde gepflanzt worden war,  aufgestellt und feierlich eingeweiht.  Die Sänger kleideten sich für diesen Veranstaltungen neu ein:  ab nun wurde ein elegantes dunkelgraues Sakko zur schwarzen Hose getragen.

 

Markus Brändle,

Chorleiter seit 2015

Dr. Markus Brändle aus Kennelbach  konnte als Nachfolger von Prof. Hubert Allgäuer,  der nach insgesamt 30 Jähriger Tätigkeit zurückgetreten war,   als Chorleiter gewonnen werden