Gelungenes Jubiläum des "Liederkranz Rankweil"

Schon eine interessante Geschichte, dass gerade Mitte des 19. Jahrhunderts in verschiedenen größeren Orten Vorarlbergs die Menschen auf die Idee kamen, Gesangsunterricht zu nehmen, um gemeinsam singen und so einen Chor gründen zu können mit genau diesem Ziel. Ein solcher Chor entstand im Jahr1864 auch in Rankweil unter dem Namen "Cäcilienverein", wo ein Rankweiler Bäckermeister einige Gleichgesinnte dazu bewegen konnte, sich im Gesang ausbilden zu lassen, um dann gemeinsam zu singen.

Am Samstag gaben die 34 Sänger des "Liederkranz Rankweil", des Nachfolgevereins eben dieses "Cäcilienvereins", ihr Konzert zum Jubiläum ihres 160-jährigen Bestehens unter dem Motto "Denn Singen tut gut". Der Start dieses Jubiläumskonzerts hätte fulminanter nicht sein können. "Unter Donner und Blitz" von Johann Strauss. Die Stimmung im vollbesetzten Vinomnasaal war freudig erwartungsvoll und "man" war gespannt auf die Steigerungsmöglichkeiten des Chores mit seinem jungen, umsichtigen Chorleiter Lukas Breuss-Zeisler.

Unterstützt wurden die Männer von Ingold Breuss am Klavier, Stefan Halbeisen am Schlagzeug und dem Saxofonquartett "Furioso", bestehend aus Niklas Mähr, Lukas Kopf, Klaudia Harmann und Samuel Lechner, welche sich im Vorarlberger Musikleben im Rahmen des Wettbewerbs "Prima la musica" bereits einen Namen gemacht haben.

Die Zuhörer wurden in keiner Weise enttäuscht. Nach einem sehr gefühlvollen Verdischen "Va pensiero" in der Originalgestalt mit Klavier, kam es nach der Mazurka "Anitras Tanz" aus der Suite "Peer Gynt" von Edvard Grieg in einem Arrangement für 4 Saxophone zum ersten Höhepunkt des Abends in einem neuseeländischen Seemanslied "Singt, singt, denn singen tut gut!", das dem Konzert sein Motto verliehen hat und von den Sängern auswendig vorgetragen wurde. "By heart" sozusagen. Einer sehr alten Tradition des "Liederkranz Rankweil" folgend sangen die Männer danach a cappella in untadeliger Intonation das Stück "Die zwölf Räuber" des Don Kosaken Chores, wobei mich besonders berührt hat, dass einzelne Sänger so großes Engagement für den Chor zeigen, dass sie mithilfe von Gesangsunterricht ständig an der Entwicklung ihrer Stimme arbeiten zum eigenen, aber auch zum Wohle des Chores. Hier kann mit Lob an den mutigen Zimmermann Jürgen Nesensohn nicht gespart werden!

Gleich darauf der nächste "Höhepunkt" in Gestalt eines Czárdás, in einem Satz von Otto Groll. Der Chordirektor und Komponist Otto Groll ist ein langjähriger Begleiter des Rankweiler Chores. Von ihm hat der Chor in Konzerten und Kirchenauftritten zahllose Arrangements gesungen.

Die wohlverdiente "gesetzliche Ruhepause" des "Besten Rankweiler Männerchores", so der locker plaudernde Chorpräsident Harald Regensburger in seiner humorvollen Conférence, gab dem Saxophonquartett "Furioso" seinerseits die Möglichkeit, Kurt Weills bekannte Tangoballade aus der "Dreigroschenoper" darzubieten. Evangelos Odysseas Papathanassiou, landläufig bekannt unter seinem Vornamen Vangelis ist der Schöpfer des erfolgreichen Chart-Runner-Titels aus dem Bereich "Filmmusik", "Conquest of Paradise" (1992), das ebenfalls auswendig und beeindruckend stimmungsvoll vorgetragen wurde.

Im Programm folgte das häufig zu hörende "Hallelujah" von Leonard Cohen in einem Chorarrangement mit instrumentaler Begleitung. "Die wunderbare Welt der Amélie", vorgetragen im Klavier leitete über zum nächsten Stück, das einen regelrechten Beifallssturm entfachte. Es wurde von 10 Chorsängern (incl. Chorleiter) samt instrumentaler Begleitung vorgetragen: Das mitreißende "Babar' Ann" in einem Arrangement des Großmeisters Lorenz Maierhofer.

Damit zeigte der Chor - zumindest ein beachtlicher Teil davon -, dass er im Genre der rhythmisch dominierten modernen Popularmusik durchaus angekommen und damit souverän umzugehen in der Lage ist. Das ist absolut keine Selbstverständlichkeit angesichts der Tatsache, dass das Schöne in einem solchen Ensemble auch darin besteht, dass mehrere Generationen miteinander aktiv sein und sich gegenseitig unterstützen können. Chorsingen ist nahezu bis in jedes höhere Alter möglich und bringt für die Sänger nicht zuletzt auch einen großen gesundheitlichen Wert.

Freilich wird in den gemischten Chören landauf landab ein eklatanter "Männermangel" beklagt, aber man muss doch anerkennen, dass dieser typische Männerstimmen dominierte Klang einerseits eine lange Tradition, andererseits eben auch seinen besonderen Reiz einer speziellen Klanglichkeit hat, sowohl in der Kraft als auch der Sanftheit der männlichen Ausdrucksmöglichkeiten. Diese wurden in diesem Konzert wieder einmal eindrucksvoll gezeigt. Bei dieser Gelegenheit nicht zu vergessen ist in diesen Gemeinschaften mit Sicherheit auch die gesellschaftliche Komponente in Form der Besonderheit der "Männergesellschaft". Jedenfalls ist auch zu bemerken, dass die Tatsache einfach nur als großartig einzustufen ist, dass nach den Maßnahmen der vergangenen Jahre keine größeren Dauerschäden zu beobachten sind, was aber hier im speziellen Fall vermutlich auch sehr mit der jungen, sehr dynamischen Chorführung zu tun haben mag. Worüber man seiner Freude nicht genug Ausdruck geben kann!

Nachdem das Publikum wegen Babar' Ann völlig "aus dem Häuschen" geraten war, hatte es das Saxophonquartett "Furioso" nicht ganz leicht, zusammen mit Stefan Halbeisen die Stimmung beim ruhigen, aber sehr solide und dynamisch erfreulich differenziert musizierten "Just the Two of Us" aus der Feder von Bill Withers nicht zu weit nach unten geraten zu lassen.

Die Textverständlichkeit des Rankweiler Chores kann man im Allgemeinen als sehr gut einstufen, aber ich muss gestehen, die "Feier im Regen" von den "Toten Hosen" war für mich eher ein "Regen ohne Feier", ich bekam nicht wirklich Boden unter die Füße, was den textlichen Zusammenhang betrifft und - ich vermute zumindest - das wäre für das Verständnis des Stückes vielleicht nicht ganz unwichtig gewesen.

Dafür kam das Publikum beim bekannten Schlager "Y.M.C.A" wieder voll auf seine Kosten und erzwang mit begeistertem Beifall eine ebenso mitreißende Zugabe mit dem Lied "Ade, ade" von Santiago, bei dem die Sänger ihre Seemannsmützen vom letzten Konzert aus der Truhe holten (bis auf den Kapitän des Ganzen, der sich mit einem seeräuberischen Dreispitz zierte). Schließlich ließ sich der Chor zu einer weiteren Zugabe bitten und wiederholte den wirkungsvollen "Csárdás" des Altmeisters Otto Groll.

Ein äußerst gelungener Abend. Und sehr erfolgreich obendrein.

Markus Brändle